Du schickst ein digitales Bild vom Pferd. Ich werde ein Video machen, wie ein Priester den Segen gibt. Er legt Blumengirlanden um das Bild, schwingt Räucherstäbchen und überreicht eine Tüte mit Banane, Blumenblüten und Weihwasser. Bitte denke nicht, dass das etwas Besonderes ist. Das ist hier ganz selbstverständlich und wird jeden Tag für Hunderte von Menschen gemacht. Es mag für dich beeindruckend sein, weil es bei so vielen Menschen mit Kindern laut und bunt zu und her geht. Es ist sicher berührend, weil alle tiefgläubig und ehrfürchtig dabei sind.
In unserem Alltag leben wir mit all dem Übersinnlichen. Jeden Morgen mache ich vor dem Haus an unserem kleinen Haustempel mit Räucherstäbchen, frischem Wasser über dem Tempel giessen und ein paar Blüten hinlegen die Puja, den sogenannten Tagessegen. Dabei werden auch der Hund, die Katzen, die Hühner, das Rind, mein Pferd und die Hausbewohner gesegnet. Ich trage kein rotes Pulver-Kumkum auf die Stirn des Pferdes auf, weil es mir zu viel am frühen Morgen ist. Ich mache es, weil es unsere Kultur ist und irgendwie selbstverständlich ist. Alle Jungs machen täglich die Puja. Als mein Pferd nach dem Schlangenbiss gesund wurde, ging ich zu drei Tempeln und ließ eine Dankessegnung von den Priestern machen.
Wir haben bestimmte Tempeln für die Segnung von Tieren. Täglich gehen Hunderte von Menschen dorthin und legen ihre Wünsche, Sorgen und Hoffnungen dar. Oft gibt es auch einen Heiligen-Sprecher. Dieser liest dann deine Seele, deine Gedanken, deine Sorgen und Nöte und gibt dann eine Bemerkung dazu. Am Ende gibt er den Segen, dass alles gut kommt.
Vor einer Woche war ich bei einem solchen Priester, weil ich seinen Segen für etwas brauchte. Meine Eltern, Geschwister, Großeltern und Verwandten wollten nicht, dass ich ein Motorrad mit 200ccm kaufe. Ich bin noch keine 18 und habe keinen Führerschein. Obwohl das hier in dieser sehr ländlichen Gegend kein Problem ist, wollten sie trotzdem, dass ich den Priester frage. Ich ging mit meinem Großvater in den Tempel in den Bergen und hatte schreckliche Angst, dass der Priester «Nein» sagen würde. Oh mein Gott, wie glücklich war ich, als der sehr menschliche Heiligen-Priester seinen positiven Segen für den Kauf gab. Hurra!