Alpen-Blicke.ch
Als ich vor etwas mehr als drei Jahren nach einem langjährigen Auslandaufenthalt in die Schweiz zurückkam, geriet ich in den Pulk der Tortour – ein Radrennen durch die Schweizer Alpen. Hunderte von Radlern, Begleitfahrzeugen und weiteren Ausflüglern waren in den engen Gassen des Engadins unterwegs. Gewohnt, in der Einsamkeit des Apennins zu leben, fiel mir der Gegensatz zwischen den Erholungssuchenden und der gedrängten Dichte in den Schweizer Alpen auf. Denn für was alles müssen sie herhalten: Als Freizeitpark, als Transitachse, als Energiespender und – als Heimat. Während drei Jahren habe ich diese Themen zu unterschiedlichen Jahreszeiten fotografisch bearbeitet.
Heimat
Nur 20% der Bevölkerung lebt traditionell im Alpenraum, trotzdem scheint das Gebirge von zentraler Bedeutung für die Schweizer und deren nationale Identität zu sein. Sowohl In- wie auch Ausländer suchen «in den Alpen noch immer den alten Mann mit Vollbart und Pfeife und Leute, die den lieben langen Tag Schokolade und Käse herstellen». Andreas Götz, ehemaliger Geschäftsleiter der internationalen Alpenschutzkommission CIPRA kritisiert damit die wachsende touristische Vermarktung, bei der Gemeinden ihre Identität verlieren, Alpaufzüge zu Folkloreanlässen und Einheimische zu Statisten verkommen. So war auch ich Zeuge, wie in Zermatt zweimal täglich Ziegen mit Glocken durchs Dorf getrieben werden, um Touristen ein nostalgisches Gefühl zu vermitteln.
Freizeit
Die Alpen müssen auch als Freizeitpark dienen. Dazu werden sie domestiziert, möbliert und, wo nötig, korrigiert. Die Gipfel werden seit dem 18. Jahrhundert durch Sportler bezwungen, die Jungfraubahn zum Top of Europe wird bereits seit 1912 elektrisch betrieben. Es folgen immer spektakulärere Vergnügungsmöglichkeiten. «Man muss – im positiven Sinne – Herzstillstände produzieren», so der Eventmanager Günther Aloys. Ökotourismus, Naturparks, kontrollierte Verwilderung und nachhaltige Naturprodukte der Alpenregion sind Gegenvorschläge einer wachsenden Zahl von Kritikern dieser Entwicklung.
Transit
Die Alpen werden seit Jahrtausenden in alle Richtungen von Handelsstrassen durchquert. Ein wichtiger Bestandteil des Selbstverständnisses und der Politik der Alpen-Anrainerstaaten ist die Aufgabe, diesen Transit zu kontrollieren und die Transportwege zu optimieren. Dies gilt im besonderen Masse für die Schweiz. Mit dem Bau von Strassen und Tunnels für den Schienen- und Autoverkehr leistet sie einen wichtigen Beitrag zum zentraleuropäischen Verkehrsfluss.
Energie
Mit den Quellen von Rhein, Rhone, Inn und Ticino gilt die Schweiz als das Wasserschloss Europas. Die Hälfte der europäischen Länder ist von dem hier entstehenden Wasserreichtum abhängig. Trotzdem kann wegen der Liberalisierung des Strommarktes elektrische Energie mit Wasserkraft kaum kostendeckend produziert werden…
Nun brauche ich Deine/Eure Hilfe, um Alpen-Blicke.ch mit guter Gestaltung und Druck erscheinen zu lassen. Texte von Erwin Koch, Helmut Scheben und Emil Zopfi ergänzen meine Bilder, das Vorwort wird der langjährige CIPRA Präsident Mario Broggi schreiben. Das Buch soll im Frühjahr 2017 im Verlag Scheidegger & Spiess erscheinen.